Bericht von „Achtung Baustelle! Berliner ALLEe“ am 27.2. im Frei-Zeit-Haus

Bericht von „Achtung Baustelle! Berliner ALLEe“ am 27.2. im Frei-Zeit-Haus

Am 27. Februar hatten die Initiativen Aber hallo, Weißensee! und KiezGestalten, das Frei-Zeit-Haus und das Projekt Prima Klima in Weißensee zu einem Informations- und Vernetzungstreffen eingeladen. Ziel der Initiativen ist es gemeinsam mit engagierten Menschen aus der Nachbarschaft und allen an einer Verkehrswende Interessierten einen Aktionstag für eine menschenfreundliche Verkehrs- und Stadtplanungspolitik in Weißensee zu planen, der am 15. Juni 2019 auf der Berliner Allee stattfinden soll.

Anders als bei den regulären Vernetzungstreffen, bei denen es ums konkrete Ideen sammeln und Planen geht, stand an diesem Abend die Information im Vordergrund. Wir informierten über die aktuelle Situation auf der Berliner Allee, die geplanten Straßenbauvorhaben und ihre Konsequenzen sowie bisherige Bemühungen die Allee menschenfreundlicher, sicherer und ökologisch verträglicher zu machen.

Aktuell ist die Berliner Allee eine Tag und nach dröhnende und stinkende Kfz-Verkehrsader, die von Radfahrer*innen wie Fußgänger*innen sicherheitshalber gemieden wird und nur an wenigen Stellen sicher überquert werden kann. Unsere „Vision ist es, die Allee zu einer Lebensader für Weißensee zu machen“, betonte Christiane von Aber hallo, Weißensee! zur Einleitung.

Die Bürgerinitiative KiezGestalten ist schon seit fast zehn Jahren an diesem Thema dran, erfahren wir vom BI-Mitbegründer Jens Herrmann. Die BI hat sich bereits in den vergangenen Jahren engagiert, um gegen das Problem der massiven Lärmbelastung durch Kfz auf der Berliner Allee vorzugehen und ein Tempolimit auf 30km/h zu erreichen, das Verkehrslärm und die Schadstoffbelastung mindern und die Berliner Allee zudem sicherer machen würde.

Die sehr hohe Lärm- und Schadstoffbelastung sind allerdings nicht die einzigen Mängel der Berliner Allee. Auch im Bereich ÖPNV ist sie keineswegs menschenfreundlich gestaltet, z.B. erschweren umständliche Zu- und Umsteigewege, häufiger Tram-Stau, ungünstig platzierte Haltestellen, fehlenden oder unzureichende Fußgänger*innenüberwege und Mängel im Bereich der Barrierefreiheit die ÖPNV-Nutzung.

Besonders für Fahrradfahrer*innen ist es kaum möglich die Berliner Allee sicher zu befahren, denn Radwege fehlen komplett und durch die engen Fahrbahnen ist die Verkehrssituation auf der Allee für sie besonders unsicher.

Verschiedene Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung wurden von der BI bereits erwirkt, doch die auf Pankower Bezirksebene beschlossenen Querungen und ein Tempo 30–Limit sind vom Senat und der ihm unterstellten Verkehrslenkung (VLB) abgelehnt oder einfach nicht umgesetzt worden. Nun sind vom Senat Mittel für eine grundhafte Instandsetzung der nördlichen Berliner Allee von 2018-2022 eingeplant.

Weitere interessante Hintergrundinformationen zum Problem der Lärmbelastung und den geplanten Straßenbauvorhaben, die sich noch zusätzlich negativ auf die Situation auf der Berliner Allee auswirken werden, erläuterte Gudrun Holtz, Verkehrsingenieurin, die im Arbeitskreis Mobilität des BUND sowie bei Kiez Gestaltenaktiv ist.
So erfahren wir, dass der Verkehrslärm sowohl durch das Motorengeräusch sowie durch das Rollgeräusch der Reifen entsteht und die Lautstärke von der Fahrgeschwindigkeit abhängig ist. Daher wäre ein Tempolimit eine wirksame Strategie, um gegen die gesundheitsschädliche Lärmbelastung vorzugehen und würde eine deutlich hörbare Verbesserung erzielen.
Zudem erläuterte Gudrun Holtz mehrere geplanten Straßenbau- und Bauvorhaben: eine Verbindungsstraße zwischen Karow und der B2 (Berliner Allee), die nach Senatsschätzungen ca. 6400 weitere Kfz auf die Berliner Allee südlich von Malchow leiten würde und die bis 2030 geplanten Ortsumfahrung Malchow, die nach Senats-Prognosen zu einem Anstieg des Verkehrs von derzeit rund 30.000 auf dann 44.000 Kfz am Weißen See führen wird.

Aber könnten nicht Neubauten den Verkehr durch schnellere und effizientere Systeme verringern? Genau das Gegenteil ist der Fall, zeigte Gudrun Holtz!
Denn das statistische Reisezeitbudget eines Menschen beträgt durchschnittlich ca. 1-1,5 Stunden täglich und ist eine der stabilsten Mobilitätskenngrößen und global und im zeitlichen Verlauf konstant. Das heißt für uns: werden Umwege verringert und schnellere Straßen gebaut, werden auch längere Strecken gefahren und die eingesparte Zeit wird nicht für Aktivitäten außerhalb des Verkehrs genutzt. Straßenbau verringert also Umwege und erzeugt dadurch Verkehr.

Bleibt die Frage, wie der Verkehr auf der Berliner Allee am Menschen- und Klimafreundlichsten gestaltet werden kann? Die bereits vorhandene Straßenbahn ist neben einem starken Fahrradnetz hierfür der wichtigste Baustein. Ihre weitere Attraktivierung der weitere Ausbau sind erste Wahl. Die Straßenbahn muss dabei auch auf anderen Linien ausgebaut werden. Aber wäre nicht eine U-Bahn viel besser? Manchmal ja, aber sie wäre auch 24mal so teuer und ihr Bau würde 8,5 mal so lange dauern, zeigt ein Vergleich bisheriger Bauprojekte in Berlin, erklärte Holtz. Diese Zeit und dieses Geld haben wir nicht.

Nachdem wir nun erfahren haben, welche Mängel und Probleme auf der Berliner Allee bestehen und was durch die Neubaupläne zusätzlich auf uns zu kommen könnte, wird es Zeit für die Verkehrswende aktiv zu werden!

Am Dienstag 5. März um 19:00 Uhr findet das nächste Vernetzungstreffen im Frei-Zeit-Haus statt. Wir freuen uns gemeinsam mit allen Interessierten unseren Aktionstag mit einem bunten Treiben aus Anwohner*innen, Freizeiteinrichtungen, Schüler*innen-Aktivitäten, anliegenden Geschäftsleuten, Fahrraddemos, Begrünungsaktionen, Straßenaktivitäten und vielem mehr zu planen.

All Interessierten sind eingeladen sich auf der Mailingsliste der Initiative einzutragen. (Sarah)

Hier die Powerpoints der Inputs vom 27.2.:

Große Verkehrsinfrastrukturprojekte in unserer Nachbarschaft

Wie wir bereits bei unserem Stadtspaziergang zum Thema Verkehrs gesehen haben, stehen einige große Verkehrsinfrastrukturprojekte an, die unsere Leben in Zukunft stark beeinflussen werden. Bei unserem Werkstatt-Tag zum Schwerpunkt Mobilität wollen wir uns auch damit beschäftigen.

Vorab möchten wir Euch aber schon ein paar Informationen liefern.

Straßenbahntangente Pankow-Heinerdorf-Weißensee

!Aktuelle Neuigkeiten findet Ihr in diesem Beitrag!

Vom jetzigen Endhaltepunkt der Tram-Linien 12 und 27 am Pasedagplatz aus ist eine Neubaustrecke bis zum S-Bahnhof Pankow geplant. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz führt derzeit Maßnahmen zur Öffentlichkeitsbeteiligung in der betroffenen Gebieten sowie eine Online-Beteiligung durch. Bis zum Sommer 2019 sollen dann Grundlagenermittlungen und Untersuchungen zur genauen Planung des Streckenverlaufs durchgeführt werden. Weitere Informationen finden sich auf der Internetseite der Senatsverwaltung. Als Grund für den Bau der Tangentiale wird der „größte Bevölkerungszuwachs innerhalb Berlins bis 2030 (…) für den Bezirk Pankow mit zusätzlichen 16 Prozent“ genannt. Zudem sollen neue Wohngebiete rund um die Idunastraße erschlossen werden und der ÖPNV attraktiver gemacht werden.

Sicher wird es noch einige Jahre dauern, bis aus den jetzigen Untersuchungsprojekt ein Bauprojekt wird und dieses beendet ist. Aber es ist jetzt ein wichtiger Zeitpunkt, Interessen, Bedarfe und Erfahrungen in die Untersuchung mit einzubringen und den Prozess interessiert und sachkundig zu begleiten.

Nördliche Berliner Allee

Die sehr schlechte Situation für Anwohner_innen und den nicht-motorisierten Verkehr an der nördlichen Berliner Allee ist schon seit vielen Jahren Thema der Anwohner_innen-Iinitiative „KiezGestalten“. Hier geht es zum einen um praktische Verbesserungen der derzeitigen Situation an der Berliner Allee, wie z.B. die Schaffung weiterer Fußgänger-Querungen und mehr Sicherheit für Radfahrer_innen. Zum anderen geht es aber auch darum, die Straße insgesamt kurzfristig zumindest ein wenig erträglicher zu machen. Die Klage eines Anwohners und KiezGestalten-Aktivisten auf bessere Lustqualität war zwar erfolgreich, doch der Senat verhindert bis heute eine Umsetzung des Gerichtsurteils auf Einführung von Tempo 30 (wie es an anderen Stellen der Stadt aus gleichem Grund bereits erfolgt ist).

Nachdem die KiezGestalten sich bereits seit fünf Jahren für eine Neugestaltung der nördlichen Berliner Allee einsetzen und dazu auch bereits BVV-Beschlüsse erreicht haben, widmet sich nun auch die Senatsverwaltung dem Großprojekt der Erneuerung und Neugestaltung der stark befahrenen Straße. Für uns als Nachbar_innen ist dies ein wichtiger Zeitpunkt, um eigene Bedarfe und Vorstellungen für eine möglichst nachhaltige und bürgerfreundliche Neugestaltung der Straße einzubringen.

Umgehungsstraße Malchow

Folgt 🙂