Im Mittelpunkt dieses dreistündigen Abendworkshops am 29. Oktober 2018 standen verschiedene, kreative Aktionsformen, mit denen wir uns für eine Verkehrswende hin zu mehr umweltfreundlicher Mobilität, einsetzen können. Es war ein bewegter und motivierender Abend mit Input, Videoclips und viel Raum für Diskussion und Austausch.
Der Ansatz unseres Referenten, des Verkehrswende-Aktivisten Jörg Bergstedt, ist es dabei Umweltschutz mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Zudem setzt er nicht auf Kompromisse und kleinschrittige Ziele, sondern auf radikale Forderung – kein Tempolimit, sondern lieber gleich eine autofreie Stadt – nur so könne eine echte Veränderung bewirkt werden!
Wir erfahren von aktuellen
Ansäzen einen kostenlosen ÖPNV in verschiedenen Orten, u.a. auch
der Stadt Tallin, umzusetzen und warum dieses Modell keineswegs
abwegig und absurd ist, sondern nicht nur zu mehr sozialer
Gerechtigkeit und Klimaschutz beiträgt, sondern sich, wenn die
realen Kosten des Straßenverkehrs einbezogen werden, sogar
wirtschaftlich auszahlen kann.
Doch bis diese Erkenntnis
bei den politischen Entscheidungsträgern angekommen ist, bleibt nur
kreativer Protest – beispielsweise durch „Aktionsschwarzfahren“:
wer das Strafrecht gut kennt, kann kreativ damit umgehen und Lücken
nuzen um Aufmerksamkeit zu generieren.
Mit einem Hinweisschild und
Flyern darauf aufmerksam zu machen, ohne Ticket unterwegs zu sein,
ist nicht nur ein deutliches Statement, sondern schützt auch vor
einer Gefängnisstrafe. Denn noch immer werden in Deutschland jedes
Jahr viele tausend Menschen für das Fahren ohne Ticket inhaftiert –
eine vollkommen unangemessene Strafe, die zudem noch viele
gesellschaftliche Folgekosten mit sich bringt. Für wen das dennoch
zu riskant und konfliktgeladen ist, bleibt noch die Möglichkeit das
eigene Ticket zu teilen, ein noch gültiges Ticket nach Ende der
Fahrt weiterzuverschneken und sich mit schwarzfahrenden Menschen
solidarisch zu erklären.
Zudem lernen wir eine
Aktionsform kennen, die in besonderer Form die Aufmerksamkeit auf ein
Thema lenken kann: die Kommunikationsguerilla. So wurde Anfang des
Jahres in Gießen flächendeckend ein Flyer verteilt, in dem u.a. im
Namen der Oberbürgermeisterin dazu eingeladen wurde, den ÖPNV in
Gießen für 9 Tage kostenlos zu testen. Die Aktion erregte nicht nur
Aufsehen, sondern setzte auch eine, sogar überregional geführte
Debatte über den Nulltarif in Gang.
Interessant sind auch die
unterschiedlichen Möglichkeiten für Fußgänger*innen und
Radhahrer*innen die Straßen wenigstens für begrenzte Zeit
zurückzuerobern, z.B. mit Fahrraddemos oder einem Gehzeug, einem
Holzrahmen in Größe eines Autos, mit dem sich Fußgänger*innen
gleichberechtigt zu Autofahrer*innen über die Straßen bewegen und
so den Verkehr ordentlich durcheinander bringen können.
Der Abend hat uns gezeigt,
die Möglichkeiten sich für eine Verkehrswende einzusetzen sind
vielfältig und beschränken sich nicht nur auf das eigene
Mobilitätsverhalten.